Bei vielen Menschen besteht neben dem Wunsch im Alter selbst bestmöglich versorgt zu sein, das Bedürfnis die Angehörigen für den Ernstfall abzusichern. Aber was sollte man bei der Vermögensnachfolge bzw. vorweggenommenen Erbfolge beachten und welche Gestaltungsmöglichkeiten gibt es, insbesondere um möglichst wenig Steuern zahlen zu müssen? Wer sich frühzeitig mit dem Thema Erben und Vererben beschäftigt und Schenkungen in Erwägung zieht, kann Vermögenswerte über den eigenen Tod hinaus bewahren, die Zahlung von Steuern gegebenenfalls mindern und bestimmen, was mit dem eigenen Vermögen geschieht. Dabei können Schenkende verschiedene Instrumente nutzen, die sie auch nach der Übergabe ihres (Teil-)Vermögens zu Lebzeiten absichern.
Steuerfreibeträge bei der Erbschaftsteuer
Für Erbschaften und Schenkungen gelten steuerliche Freibeträge. Erst wenn der geerbte oder geschenkte Betrag eine bestimmte Höhe überschreitet, müssen Steuern gezahlt werden. Die Steuerfreibeträge, die alle zehn Jahre neu gewährt werden, sind umso höher, je enger die verwandtschaftliche Beziehung ist. Wer also frühzeitig beginnt, Vermögen auf die nächste Generation zu übertragen, kann diese Beträge mehrmals ausschöpfen. Die Freibeträge sind im nahen Familienkreis beträchtlich. Ehegatten dürfen sich beispielsweise alle zehn Jahre 500.000 Euro steuerfrei schenken und ein Kind darf von jedem Elternteil 400.000 Euro im Zehn-Jahres-Turnus erhalten, ohne mit dem Fiskus teilen zu müssen. Beschenken beide Elternteile ein Kind, verdoppelt sich der Freibetrag damit auf 800.000 Euro pro Kind alle zehn Jahre. Handlungsbedarf für eine vorweggenommene Erbfolge besteht also insbesondere bei Vermögen, das deutlich über den Freibeträgen liegt oder bei Übertragungen unter entfernten Verwandten oder Nichtverwandten.
Übertragung gegen Versorgungsleistungen
Eine Form der vorweggenommenen Erbfolge stellt die Übertragung, insbesondere die Schenkung eines Betriebs, gegen Versorgungsleistungen dar. Diese spielt vor allem in der Unternehmensnachfolge im Mittelstand eine Rolle. Die Erträge des Betriebs stellen häufig die einzige Einnahmequelle dar. Somit ist im Rahmen der Nachfolgeplanung entscheidend, dass der Schenkende finanziell abgesichert ist. Um dies sicherzustellen, erhält dieser im Gegenzug für die Schenkung eine lebenslange Leibrente.
Schenkung unter Nießbrauchsvorbehalt bei Immobilien
Eine Alternative zur Übertragung gegen Versorgungsleistungen stellt die Schenkung unter Nießbrauchsvorbehalt dar. Davon spricht man beispielsweise, wenn der*die Erblasser*in bereits zu Lebzeiten die Immobilie an die Nachkommen verschenkt. Da der*die Schenkende in Folge jegliche Rechte an der Immobilie verloren hat (Kreditsicherungsrecht, Möglichkeit zu verkaufen) kann er*sie sich als Absicherung ein lebenslanges Nutzungsrecht (Nießbrauchsrecht) vorbehalten. Dadurch steht dem ursprünglichen Schenker (Nießbrauchberechtigten*r) allein das Recht zu in der Immobilie zu wohnen oder diese zu vermieten und damit auch ein Recht auf die Mieteinnahmen.
Weitere steuerliche Besonderheiten bei Immobilien
Für die steuerliche Einstufung von Häusern und Wohnungen ist grundsätzlich deren tatsächlicher Wert relevant. Bewohnt der*die Erb*in die Nachlassimmobilie selbst für mindestens zehn Jahre nach der Erbschaft, fällt unabhängig vom Wert der Immobilie keine Erbschaftsteuer an. Allerdings muss der*die Erb*in innerhalb von sechs Monaten nach Anfall der Erbschaft in die Immobilie eingezogen sein. Ferner darf er*sie die Immobilie dann während dieser Zeit weder verkaufen noch vermieten oder verpachten. Das gilt uneingeschränkt für erbende Ehe- oder eingetragene Lebenspartner*innen. Die Steuervergünstigung geht sonst verloren. Das gilt selbst dann, wenn die Mutter das Familienheim an ihre Tochter verschenkt und sich ein lebenslanges Wohnrecht vorbehält, wie der Bundesfinanzhof mit Urteil vom
11. Juli 2019 entschied. Bei Kindern und – im Fall deren Todes – Kindeskindern ist die Steuerbefreiung auf eine Wohnfläche von 200 Quadratmetern begrenzt, wobei auch hier Voraussetzung ist, dass die Immobilie selbst bewohnt wird. Für alle anderen Erben gibt es keine solche Steuerbefreiung. Begründet wird diese steuerliche Begünstigung mit dem besonderen Schutz des familiären Lebensraums.
Erbe ausschlagen
Im Erbfall ist es steuerlich zuweilen vorteilhaft, ein Erbe nicht anzutreten. Das gilt nicht nur, wenn das Erbe aus Schulden besteht, sondern auch wenn es im Gegenteil so hoch ist, dass die persönlichen Freibeträge deutlich überschritten werden. Schlägt beispielsweise ein als Alleinerb*in eingesetzter Ehegatte die Erbschaft zu Gunsten der gemeinsamen Kinder aus, verteilt sich das Erbe auf mehrere Personen. Alle begünstigten Familienmitglieder können ihre Freibeträge nutzen und eine unnötige Belastung mit Erbschaftsteuer vermeiden. Der überlebende Ehegatte, der das Erbe ausgeschlagen hat, muss dennoch nicht leer ausgehen. Er kann sich von den Kindern eine entsprechende Abfindung zusagen lassen.
Pflichtteilsansprüche beachten
Durch Schenkungen zu Lebzeiten wird in der Regel das Vermögen im Todesfall gemindert. Das hat Auswirkungen auf den Pflichtanteil, den Enterbte geltend machen können. Aus diesem Grund werden Schenkungen, die in den letzten zehn Jahren vor dem Tod des Schenkers veranlasst wurden, zum Nachlass gezählt und erhöhen damit den Pflichtteilsanspruch. Im Jahr des Todesfalls werden 100 Prozent der Schenkung dem Nachlass zugerechnet. Pro Jahr, das die Schenkung zurückliegt, werden zehn Prozent weniger angerechnet, sodass die Schenkung nach zehn Jahren für den Pflichtteil ohne Bedeutung ist.
Bei solchen und vielen anderen Überlegungen sollten Steuerzahler die Unterstützung eines Steuerprofis in Anspruch nehmen. Orientierung bei der Suche nach kompetenten Steuerberater*innen bietet der bundesweite Steuerberater-Suchdienst auf der Website der Steuerberaterkammer Niedersachsen.
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